Deshalb lohnt es sich, seine Sitzhaltung zu überprüfen und gegebenenfalls durch die richtige Einstellung von Bürostuhl und Tischhöhe zu korrigieren. Spezialisten auf dem Gebiet der Sitz-Ergonomie sind die Büromöbelhersteller aus dem Verband der Österreichischen Möbelindustrie
. Einige von ihnen geben hier Tipps, wie man durch richtiges Sitzen auch am Schreibtisch Haltung bewahrt:
Die Größe ist entscheidend
Bei einem Stuhl, der nicht verstellbar ist, nehmen ein großer und ein kleiner Mensch zwangsläufig unterschiedliche Sitzpositionen ein – wenigstens einer von ihnen sitzt garantiert falsch. Darum ist die individuelle Anpassung an die Körpergröße ein wesentliches Kriterium für ergonomisches Arbeiten im Sitzen. „Wer bei der Einstellung seines Bürostuhls darauf achtet, dass sowohl Ober- und Unterschenkel als auch Ober- und Unterarme einen rechten Winkel zueinander bilden, hat sich bereits einen guten Dienst erwiesen“, sagt Markus Wiesner, Geschäftsführer von Wiesner-Hager. Dabei sollen beide Füße mit ganzer Sohle auf dem Boden stehen und die Unterarme locker auf der Schreibtischfläche bzw. der Tastatur aufliegen . Verfügt der Stuhl über Armlehnen, sollten dort die Unterarme ebenfalls entspannt Halt finden. Auch die optimale Ausnutzung der Sitzfläche spielt nach Gabriele Blaha, Marketingverantwortliche von Blaha, eine wichtige Rolle: „Bei der richtigen Sitztiefe liegen die Oberschenkel etwa zu zwei Dritteln auf
. Die Kniekehlen bleiben frei, damit die Beine möglichst ungehindert durchblutet werden.“ Eine ergonomische Rückenlehne unterstützt die Wirbelsäule gezielt im unteren und mittleren Bereich, und besonders der Gegendruck in der empfindlichen Lendenwirbelzone sollte individuell einstellbar sein – das hat sich bei Autositzen schon bewährt.
Das dynamische Sitzen
Peter Handlgruber, Leiter des Produktmanagements beim österreichischen Marktführer Bene, ergänzt: „In modernen Büros findet sich immer weniger die klassische Sitzordnung, bei der jeder seinen angestammten Platz hat. Stattdessen lautet das Motto „Choose the place you need“, ganz nach der jeweiligen Aufgabe und Tätigkeit. Moderne Bürostühle müssen also auf wechselnde Nutzer ausgelegt sein, etwa durch automatische Gewichtsregulierung und einfache, intuitive Bedienung.“ Darüber hinaus können solche Bürostühle den Stütz- und Bewegungsapparat beim Sitzen aktiv entlasten: „Generell gilt es beim Sitzen, auf Dauer jede starre Haltung zu vermeiden. Experten empfehlen daher dynamisches Sitzen, bei dem der Lendenbereich in nach hinten und in nach vorn geneigter Sitzposition durchgängig gestützt bleibt. Bei unterschiedlichen Tätigkeiten – konzentrierter Bildschirmarbeit, Telefonieren, Blättern in Unterlagen etc
. – können verschiedene Haltungen im freischwingenden Sitzen eingenommen werden. Diese wechselnde Belastung kann dazu beitragen, die Rückengesundheit zu erhalten“, erklärt Jochen Joachims, Geschäftsführer vom burgenländischen Objekt- und Designmöbelhersteller Braun Lockenhaus.
Alle mal aufstehen
Die Büroarbeit hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt, auch mit der Digitalisierung: Weil nahezu alle Informationen im Intra- und Internet online verfügbar sind und jeder per E-Mail oder Handy erreichbar ist, erübrigen sich im Gegensatz zu früher Gänge wie etwa ins Archiv, zum Schreibtisch von Kollegen oder auch nur zum Aktenschrank in der anderen Zimmerecke – viele Bürotätige könnten praktisch von acht bis fünf Uhr an ihrem Schreibtisch sitzen. Aber immer mehr Unternehmen wissen heute, dass es Gesundheit sowie Kreativität und Produktivität ihrer Mitarbeiter gut tut, wenn sie regelmäßig Aufstehen und Herumgehen
. „Dem kann man beispielsweise mit innovativen Steh-Sitz-Arbeitsplätzen Rechnung tragen oder auch durch eine Raumaufteilung, die gezielt noch mehr Bewegung in den Büroalltag bringt“, erklärt Mag. Helmut Sattler, CEO vom Büromöbelhersteller Neudoerfler, „denn rund 80 Prozent der innovativen Ideen entstehen durch informelle, persönliche Kommunikation – sprich, wenn Sie z. B. einen abteilungsfremden Kollegen an der Kaffeebar im Atrium treffen und mit ihm ins Gespräch über Ihr aktuelles Projekt kommen.“ Das sieht man bei Bene genauso: „Früher galt nur der als fleißig und somit produktiv, der still an seinem Platz sein Pensum abarbeitete“, sagt Peter Handlgruber. „Informelle Kommunikation während der Arbeitszeit war geradezu verpönt, und es gab entsprechend keine räumlichen Möglichkeiten dafür“, meint er. In der Wissensgesellschaft sei das vollkommen anders, heute zählten bei den Mitarbeitern Eigenschaften wie Aufgeschlossenheit, Freude an Kommunikation und soziale Kompetenz. „Gerade in Branchen, die extrem kreativ und innovativ sein müssen, wissen Führungskräfte um die Bedeutung eines inspirierenden Arbeitsumfelds. Wertschöpfung entsteht dort gerade deshalb, weil sich die Menschen ungezwungener und freier fühlen“, sagt Handlgruber. Also: Alle mal aufstehen.
Quelle: Österr. Möbelindustrie