Sachlich und gut begründete sowie schwere Kritik an den Gewerbe-Liberalisierungstendenzen der EU und einiger heimischer Politiker übten die Teilnehmer einer Experten-Podiumsdiskussion bei der Fachmesse „austro-farbe“ in Wieselburg
. Dazu malten sie ein wahres Horrorszenario für den Fall an die Wand, dass der freie Gewerbezugang ohne vorgeschrieben Ausbildung Gesetz werden sollte: Es sei im krassen Widerspruch zum Verbraucherschutz und überall dort, wo mangelnde Berufsausbildung ist, gebe es mehr Jugendarbeitslosigkeit
. Man müsse daher „grenzübergreifend diskutieren und klare Vorgaben an die Politik geben“ sagte Maler-Bundesinnungs¬meister Erwin Wieland. In diese Kerbe schlug auch Markus Straube, Präsident der europäischen Malervereinigung UNIEP: „Die EU versucht die Vereinheitlichung in die falsche Richtung, das birgt große Gefahr für unser Handwerk.“ Er kündigte eine Forderungsliste an die EU an und will „die Verbraucher als Mitkämpfer ins Boot holen“.
„Eine solide Berufsausbildung im soliden Umfeld einer Meisterfirma ist die Garantie für die Zukunft – all dies riskiert man bei einer Liberalisierung“, warnte Tapezierer-Bundesinnungsmeister Manfred Judex
. Er verweis auch darauf, dass beim Wegfall der verpflichtenden Berufsausbildung die Zahl der Lehrlinge und in Folge der Facharbeiter zurück gehen werde, was die negative demografische Entwicklung noch verschärfen würde. Das erfolgreiche duale Berufsausbildungssystem würde verloren gehen, Berufsschulen müssten schließen, demgegenüber würde es „einen Gründungs-Boom von Firmen mit wenig Können und ohne kaufmännische Ausbildung geben – da muss man den Politikern die Augen öffnen!“ Ein Blick zu den Nachbarn unterstrich die Expertenkritik: „Die Liberalisierung, welche die EU einführen will, gibt es in der Slowakei schon – es ist der falsche Weg!“ warnte der slowakische Maler-Innungsmeister Ladislav Konkoly.
„Gravierender Unterschied“ zwischen zwei Lehrlingsgruppen
Der Direktor der Landesberufsschule Lilienfeld, Ing
. Johann Atzinger, plauderte im wahrsten Sinn des Wortes aus der Schule: „Wir haben bei uns sowohl Schüler aus Meisterbetrieben als auch von Lehrwerkstätten – da besteht ein gravierender Unterschied!“ Denn beim einen „ist der Meister dahinter, beim anderen kümmert sich keiner!“ Der tschechische Maler-Innungsmeister Radomil Konecny unterstrich dies: „Wir schauen neidvoll nach Österreich, wie gut hier die Ausbildung ist.“
Eigentlich hatte das Thema der Podiumsdiskussion „Zukunftsperspektiven des Malerhandwerks“ gelautet
. Generell merkte NÖ Gewerbe-Spartenobfrau KommR Ing. Renate Scheichelbauer an, dass die durch die Grenzöffnung befürchtete Auslandskonkurrenz „nicht so schlimm ist wie ursprünglich befürchtet.“ Lediglich im Grenzbereich spüre man die Konkurrenz. Vorteilhaft sei jedoch, dass „der österreichische Konsument stark auf Qualität setzt und nicht primär auf den Preis“.
Tapezierer-Bundesinnungsmeister Manfred Judex (Bild Mitte) nannte eine solide Berufsausbildung als Garantie für die Zukunft.
Quelle: Profi Press – M.Kress